Klub-WM vs. Olympia: Über den Medienkonsum im Sport

Warum das inflationäre Fußball-Angebot der Medienmacher nicht nur die anderen Sportarten ins Abseits stellt, sondern Sendeplätze kostet – und das Thema Olympia in Deutschland konterkariert. Fast schon eine Glosse des freien Sportjournalisten und Autoren Andreas Hardt. 

Ist das schon wieder so lange her? Einen ganzen Monat? Das war doch gerade erst gestern! Das Gefühl, dass nun endlich mal Pause ist. Die Fußball-Bundesligasaison – finito. Pokalfinale. Champions-, Euro- und Nations-League und das alles. Das Gefühl: Wir haben alle Tränen gesehen, die Platzstürme bewundert, Autokorsi genossen, Rathausbalkone geentert, Trainer gefeuert, Spieler transferiert, Dauerkarten nicht erhalten. Wir haben den Dino gefeiert, den Geißbock Hennes IX und den „Dorfico“ in der Relegation. Und wir haben den Müller, Thomas rauf und runter verabschiedet, den Lausbub, die Bayern-Legende. Dieser insgeheime Gedanke: Jetzt ist dann auch mal gut mit Fußball. Bis zur Klub-WM … 

Braucht die auch noch wer? Ja, Bayern München und Borussia Dortmund beispielsweise, die daran teilnehmen dürfen und sich die Vereinskonten mit garantierten, zweistelligen Millionenbeträgen füllen. „Mehr, mehr, mehr“ ruft der kleine Hävelmann. Lass ihn rufen, er hat ja recht. Mehr, mehr, mehr – Fußball. Dass andere Sportarten leiden unter der Monokultur der modernen Fußlümmelei – auch in den Medien –, ist diverse Male thematisiert. Machen wir hier also nicht mehr. 

15.06.2025, FIFA Club World Cup 2025, Gruppe C, FC Bayern Muenchen - Auckland City, im TQL Stadium, Cincinnati (USA), Schlussjubel der Bayernspieler nach dem 10:0 Sieg, Konrad Laimer (FC Bayern Muenchen), Dayot Upamecano (FC Bayern Muenchen), Joao Palhinha (FC Bayern Muenchen), Maurice Krattenmacher (FC Bayern Muenchen), David Santos Daiber (Bayern Muenchen), Leon Goretzka (FC Bayern Muenchen), Joshua Kimmich (FC Bayern Muenchen), Aleksandar Pavlovic (Bayern Muenchen) , Adam Aznou (Bayern Muenchen).
15.06.2025 FC Bayern – Auckland, Klub-WM USA; Bildnachweis: picture alliance / M.i.S. / Andrey Heuler

Wo wir aber hinschauen: Mit Ende der Saison, nach dem DFB-Pokalfinaltag, wurde im NDR-Fernsehen der „Sportclub“ eingestellt. Nach 51 Jahren. Man habe auch immer die ganze Breite des Sports zeigen wollen, erklärte der finale Moderator Martin Roschitz. Hat man auch, guckte nur kaum jemand zu. Das ließ sich durch die Einschaltzahlen belegen. Und wie konsequent der „bunte Sport“ deshalb umgangen wurde, sah man auch daran, dass der „Sportclub“ außerhalb der Bundesligasaison ohnehin nicht lief. 

Warum eigentlich heißt das „Aktuelle Sportstudio“ nicht „Fußballstudio“. Und was ist daran „aktuell“, Samstag ab 23.00 Uhr? Wie auch immer. Dieser Zug ist längst abgefahren. Die „ZDF-Sportreportage“ gibt es ja auch nicht mehr, der „Sportspiegel“ ist schon ewig vom Sender, im RBB wurde der „Sportplatz“ 2017 geschlossen, im WDR der „Sport im Westen“ bereits 2007 zunächst durch „sport inside“ ersetzt, und so fort. 

Auch in den neuen Medien: Der „andere“ oder „bunte Sport“ ist in Wirklichkeit der „Restsport“

Aber all dem nostalgisch nachzuhängen wäre gestrig. Und entspricht auch nicht der heutigen Mediennutzung. Smartphones und Internet haben bei Menschen unter 40 längst das Fernsehen als Hauptmedium abgelöst. Also begründet der NDR die Einstellung des „Sportclubs“ auch damit, neue digitale Formate zu entwickeln und veränderte Ausspielwege für die redaktionellen Inhalte zu kreieren. Dann ist es eben so. Aber auch da werden wir hinschauen, wie denn der ‚andere‘ Sport präsentiert wird. Welche Karteireiter gibt es? Wie einfach lassen sich ‚bunte‘ Sportarten finden? 

Auf der NDR-Seite sehen wir Fußball, Handball und „Mehr Sport“, wo dann der gesamte Rest zusammengekehrt ist. Bei Hamburgs größter Tageszeitung gibt es auf der Einstiegsseite im Internet nur Reiter für den HSV und den FC St. Pauli. Jede andere Sportberichterstattung ist gut versteckt in den Tiefen des Netzes. Bei der Handy-App immerhin finden sich sonstige Sportarten unter „Mein Verein“. Nun ja.

Und nochmal: Die Verantwortlichen in Verlagshäusern, bei Content-Anbietern und Medienanstalten treffen diese Entscheidungen ja wahrscheinlich nicht aus einer Laune heraus. Sondern doch (hoffentlich) gestützt auf empirische Daten. Heißt: Wären wir alle treue Anhänger des Boßelsports, würde dieses Interesse bedient. Im Netz und auch im analogen Fernsehen, live aus Eiderstedt. Weltkonzerne stiegen als Werbepartner und Sponsoren ein. So ist es aber nicht. Stattdessen ist Fußball.

Will der Bürger mehr als die Dauerdröhnung Fußball? Will er Olympische Spiele – bei sich? 

Und da fragt sich der Außenstehende nun in der Konsequenz dieser Erkenntnis dann doch: Warum bitte sehr bewerben sich Berlin, München, Hamburg und Rhein-Ruhr um die Austragung Olympischer Spiele? Ja, weil es das internationale Image verbessert, Geld in die Regionen fließt, unbezahlbare Werbung ist und eine Chance, die Infrastruktur zu verbessern, vielleicht sogar unsere Gesellschaft. Wenigstens darf der Sport sich anmaßen, es zu versuchen. Soweit die – rationalen und ideellen Gründe – des DOSB, der Politiker und Wirtschaftsmenschen vor Ort. Aber: Wie sieht es bei der nachhaltigen Unterstützung der Bevölkerung aus? Wird die diesmal besser abgeholt als es bei den letzten Versuchen der Fall war? Berlin will auf eine Bürgerbefragung dieses Mal verzichten, sicherlich aus „Gründen“…

Und wann geht endlich die neue Bundesliga-Saison los?